Löffelschnitzer

Wunkirle; die Gastfreie Frau

Ein Aufsatz von Jan Veninga

Zeremonielle Reislöffel bei den Dan in West-Afrika

„Nun galt es für den Sohn zu zeigen, dass er auch ein großer Mann sei, gewillt, sich den guten Namen des Vaters unter allen Umständen zu erhalten. Große Mengen Reis – der Vorrat vieler Wochen – wurden bereitgestellt, Ziegen, Hühner und Schafe geschlachtet. Die Frauen huschten geschäftig von einer Hütte zur anderen und brachten ihre großen schwarzen Holzlöffel herbei. Diese herrlichen Werke afrikanischer Schnitzkunst, deren Griff die Form eines Frauenkopfes hat oder als Tierkopf gebildet ist, benützt die Hauptfrau zum Austeilen des gekochten Reises. Große Mengen Palmwein wurden in den goldgelben Kugeln der Kalebassen herbeigebracht. Die ersten Gäste trafen ein, es war ein herzliches, liebevolles Begrüßen und Wiedersehen ringsum.“

Aus: Schwarze Schwester; von Mensch zu Mensch in Afrika; Ulrike Himmelheber

Die Schnitzkünstler der Dan an der Küste West-Afrikas fertigen nicht nur beeindruckende Masken, sondern auch Löffel. Manche dieser Löffel sind bloße Gebrauchsgegenstände, andere erfüllen aber eine soziale, zeremonielle Funktion in der Gemeinschaft. Diese sogenannten wa ke mia oder wunkirmian, was soviel wie „Festlöffel“ heißt, sind etwa 40 bis 70 cm groß. Sie haben eine große Schaufel und der Griff ist kunstvoll geschnitten, meistens in der Form einer menschlichen Figur oder auch menschlicher Beine.
Die Eigentümerin dieses Löffels wird wunkirle genannt, „Frau die auf Festen agiert“. Diese ehrenvolle Bezeichnung wird der gastfreundlichsten Frau des Dorfes oder Dorfviertels verliehen, und ist u.a. mit der Verantwortung verbunden, die Feste anläßlich der Maskenzeremonien vorzubereiten. Die wunkirle weist besondere agrarische, organisatorische und kulinarische Fähigkeiten vor, die sie allerdings nicht nur einsetzt um die Maskengeister willkommen zu heißen und zu feiern, sondern auch um díe Dorfbewohner und rundreisende Künstler oder sonstige Gäste zu verköstigen.
Wenn eine Frau als Gastfrau eines solchen Festes ausgewählt wurde, zieht sie durch das Dorf mit dem zeremoniellen Reislöffel, der gleichzeitig ein Attribut ihres besonderen Status ist. Am eigentlichen Festtag tanzt sie in Männerkleidung durch das Dorf, weil eben nur Männer wirklich ernst genommen werden, wie es heißt (Fischer 1976:159). Sie schwingt den Löffel und zeigt eine mit kleinen Münzen oder Reis gefüllte Schale. Mit Hilfe ihrer Assistentinnen, meistens verwandte oder befreundete Frauen, verteilt sie die Reiskörner und die Münzen unter den Kindern des Dorfes und tanzt und singt dabei. Die gewölbte Form des Schaufels symbolisiert dabei den weiblichen Körper oder Schoß, als Quelle von Gastfreundlichkeit, Nahrung und Leben.
Der wa ke mia erfüllt aber nicht nur eine zeremonielle, sondern auch eine unmittelbare spirituelle Funktion: Er stellt einerseits die Verbindung der Dan Frauen mit der Welt der Geister her, und verkörpert auch selbst einen Löffelgeist. In der Hinsicht hat er bei den Frauen eine ähnliche Funktion wie die Masken bei den Männern, und kommt auch häufig in den gleichen Zeremonien zum Einsatz.
In dieser Arbeit, die im Rahmen der Veranstaltung „Gute Mutter – böse Hexe?“ Afrikanische Frauen(bilder) in religiösen Zusammenhängen von Silke Seybold M.A., Afrika-Expertin des Übersee-Museums in Bremen, entstanden ist, werde ich anhand einer Literaturuntersuchung versuchen dieses Thema am Beispiel der wunkirle und des wa ke mia zu erörtern. Die Feldforschungen, die dieser Literatur zugrunde liegen, fanden zwischen 1949 und 1976 statt. Dementsprechend bezieht sich diese Arbeit, obwohl sie in der Präsensform geschrieben wurde, ausschließlich auf diesen Zeitraum, da neuere Erkenntnisse mir nicht vorliegen.

Groningen, 4. März 2006 Jan Veninga

Die Dan sind eine Volksgruppe im mittleren Liberia und einem Teil der Elfenbeinküste. Sprachlich wie kulturell gehören sie zur Gruppe der sog. peripheren Mande, ursprünglich ein Waldvolk das sich während der letzten Jahrhunderte in diesem Gebiet angesiedelt hat. Sie leben meist als Urwaldbauern und roden regelmäßig durch Schlag und Brand neue Waldgebiete für den Anbau von Reis und Maniok, Mehlbananen und Yams, neuerdings auch Kaffee. Außerdem leben sie von Jagd und Fischfang (Himmelheber 1960:137; Fischer 1990:28).
Die Dan leben vorwiegend in Dorfgemeinschaften ohne zentrale Machtstruktur. Die gesellschaftliche Struktur wird von Sippschaften – mit oder ohne Blutsverwandtschaft – und von sogenannten Geheimbünden – die sich zum Beispiel als politische, rechtsprechende oder sich einem bestimmten Geistwesen widmende Institution betätigen – geprägt. Die kriegerische Tradition der Dan hat sich leider in der jüngeren Zeit dahingehend fortgesetzt, dass sie als Rebellen unter der Anführung von berüchtigten Kriegsherren in Liberia äußerst gewalttätige Kämpfe führen.

Zum kosmischen Verständnis der Dan gehört, dass sie sich als Bewohner der Erde (sä) betrachten – und diese von einem Himmel (naduo) überwölbt wird, der jedoch genauso gestaltet ist wie die Erde und von einem Gott namens Sra bewohnt wird. Die Erde wird wiederum von hohen Bergen und dem Ozean (jo) begrenzt (Fischer 1967:251).
Der Schöpfergott Sra greift nicht aktiv in die menschliche Existenz ein; dies ist eher der kosmischen Kraft namens dü vorbehalten. Diese manifestiert sich in Menschen, Tieren oder eben kultischen Gegenständen wie Masken oder Löffeln innewohnenden Geistwesen. Diese Geistwesen können in mehreren unterschiedlichen Lebewesen gleichzeitig existieren, sei es einem Mensch oder einem Tier. Der kunstschaffende Mensch ist außerdem in der Lage, dem dü – oder einem bestimmten Aspekt davon – zum Beispiel in Form einer Maske oder eines Löffels Gestalt zu verleihen. Das religiöse Leben – also die Zeremonien und Rituale – der Dan dient daher nicht der Verehrung des Schöpfergottes Sra, sondern der Kommunikation mit den Manifestationen von dü. Denn die entscheiden letztendlich selbst darüber, ob und in welcher Form und wie lange sie sich in Menschen, Tieren oder Gegenständen manifestieren (Fischer 1976:5-6).
Das Kunsthandwerk der Dan, vor allem die Holzschnitzerei, spielt eine wesentliche Rolle in ihrem spirituellen und sozialen Leben. Schließlich sind die herumreisenden, freischaffenden Künstler in der Lage, die geistige Kraft dü bildhaft zum Ausdruck zu bringen. Sie stellen dabei nicht unbedingt das sichtlich wahrnehmbare dar, sondern bemühen sich, zumindest bei der Herstellung zeremonieller Objekte ‚das, was – unsichtbar dem volk – anwesend ist und wirksam zu werden begehrt, sichtbar zu machen und damit für jedermann wirksam und verbindlich werden zu lassen’ (Fischer 1963:163). Dementsprechend ist der Beruf des Holzschnitzers durchaus angesehen.
Ein anderer Hintergrund der religiösen Aktivitäten der Dan sind die beiden wichtigsten Werte der Dan-Kultur:
a. Das Streben nach Ruhm (tin), der auf zwei Weisen erreicht werden kann:
• direkt, indem man Eindruck macht durch das Erbringen einer bestimmten Leistung;
• indirekt, indem die Erträge der Leistung großzügig geteilt werden.
b. Das Streben nach Wohlstand in Form von Nahrungsmitteln, Vieh und auch Gegenständen wie Häuser, Stoffen, wertvollen Zaubermitteln und Haushaltsgeschirr (Fischer 1967:264-280).

Gerade die zeremoniellen Reislöffel der Dan sind, wie die Masken, wichtige künstlerische Erzeugnisse, die nicht nur eine praktische, sondern manchmal auch eine soziale und zeremonielle Funktion erfüllen. Sie verkörpern bestimmte Geistwesen und sind eine Quelle spiritueller Kraft für ihre Inhaberin, die wunkirle. Im Folgenden möchte ich die Funktion des wa ke mia sowie anderer Löffel im gesellschaftlichen und spirituellen Leben der Dan beschreiben, besonders im Hinblick auf die Teilnahme der Frauen daran.

3.1 Praktische, soziale und zeremonielle Funktionen von Löffeln bei den Dan

Je nach ihrer Funktion haben die Löffel der Dan unterschiedliche Funktionen und Bezeichnungen:

a. Die mia nä, oder kleine Löffel sind Esslöffel für alte Leute. Sie sind klein geschnitten, damit man mit ihnen auch etwas flüssigere Nahrung wie Reis mit Sauce schlürfen kann. Die oval oder auch spitz auslaufende Laffe dieser Löffel is normalerweise ungefähr fünf bis acht Zentimeter lang. Die meist rund geschnitzten Griffe enden häufig in einem Ornament, als Kontrapunkt zur leicht gebogenen schaufelförmigen Laffe.
Diese Löffel werden als buchstäblich lebenswichtiges Kleinod gehütet und oft mit aussagekräftigen Kosenamen versehen. Beispiele dafür sind “Ich gebe dir keine Schuld (wenn ich beim Essen zu kurz komme)“ oder „Ich lasse dich mit meinen Kindern zurück“, was so viel heißt, dass der Löffel seinen Inhaber wohl überleben wird (Fischer u. Himmelheber 1990:28).

b. Als ya bo sie mia werden die Kochlöffel der Hauptfrauen bezeichnet, was „gekochter Reis teilen Feuer Löffel“ heißt. Diese Löffel sind normalerweise ungefähr 35 cm lang. Der Schaufel ist oval- und kahnförmig, der Griff ist handlich und endet oft in einem geschweiften Dreieck, einem Ring oder einem kleinen Kopf (Fischer u. Himmelheber 1990:29).

c. Die wa ke mia schließlich, „Fest handeln löffel“, sind die zeremoniellen Löffel der wunkirle. Die wa ke mia sind primär als Würdezeichen ihrer Besitzerin gedacht, was sich auch daran zeigt, dass sie meistens kaum Gebrauchsspuren zeigen (Fischer u. Himmelheber 1990:30). Diese Löffel sind ca. 40 bis 70 cm lang und etwas monumentaler als normale Gebrauchslöffel ausgestattet: Am Griffende befindet sich ein menschlicher Kopf, eine Hand oder ein Tierkopf, eine Schale oder ein Ornament. Die üblichste Darstellung ist die einer menschlichen Figur. Der Kopf wird dabei ähnlich dargestellt wie auf den sogenannnten deangle Masken der Dan. Oft läuft von der Stirn bis zur Nase ein vertikaler Strich der Tätowierungen darstellt, und quer über den Augen befindet sich häufig ein Band aus weißem Kaolin, ähnlich wie die Augenverzierung mancher Dan Frauen.
Der Kopf trägt meistens eine geschnitzte Frisur – häufig mit schwarzgefärbten Pflanzenfasern geschmückt – wie sie zur Zeit der Entstehung des Löffels gerade modisch war. Am Nacken sind oft dekorative Einkerbungen zu sehen, und vertikale Kerben an den Augenbrauen stellen die Gewohnheit der Dan dar, aus kosmetischen Gründen in einem ähnlichen vertikalen Muster Teile der Augenbrauenhaare auszuziehen. Eingekerbte Halsringe betonen das Schönheitsideal eines langen Nackens.
Das Gesicht am Löffel stellt in manchen Fällen offensichtlich eine spezifische Frau dar, und zwar die ursprüngliche Inhaberin des Löffels. Zu diesem Zweck werden außer dem Gesicht auch bestimmte körperliche Merkmale wie Tätowierungen oder Narben hervorgehoben (Fischer 1963:207).
Eine andere Art, den Löffel als menschliche Figur darzustellen, ist die Gestaltung des Griffs als ein Paar menschlicher Beine. Die Schaufel stellt dann den Oberkörper oder den Schoß einer Frau dar. Die Beine können auch die Menschen symbolisieren, die zu Fuß herbei eilen, um sich von der wunkirle ernähren zu lassen (Fischer u. Himmelheber 1990:38).
Andere Grifformen sind eine menschliche Hand, die sozusagen darstellen soll dass die wunkirle ‘alles im Griff’ hat, sowie Köpfe von Schafen, Ziegen oder Kühen, die entweder bestimmte Opfertiere oder die Aussteuer einer Frau symbolisieren sollen. Auch eine Schalenform, die Nahrung und Fülle symbolisiert, und mehr abstrakte Formen kommen vor (Fischer u. Himmelheber 1990:33).www.natsara.com

Im folgenden möchte ich die Funktion des wa ke mia und die Position seiner Inhaberin, der wunkirle, in den Zeremonien, der sozialen Ordnung und dem spirituellen Leben der Dan näher beschreiben.

3.2 Wa ke mia und wunkirle; die tüchtige und gastfreie Frau schwingt ihren Löffel

Der wa ke mia ist das Zeichen der Würde der wunkirle. Diese zeichnet sich aus durch ihre Tüchtigkeit und Großzügigkeit. Dies impliziert, dass der Löffel nicht bloß vererbt wird; wenn eine wunkirle alt wird, wählt sie ihre Nachfolgerin aus den jungen Frauen ihres Dorfes. Weil die Gesellschaft der Dan patriarchial ausgerichtet ist, und Ehefrauen normalerweise aus anderen Dörfern stammen, kann sie den Löffel nicht an ihre Tochter weitergeben, sondern nur an eine Frau, von der sie glaubt, dass sie die Großzügigste und Fleißigste ist. Die mit dem Amt der wunkirle verbundenen Pflichten sind, dass sie all ihren Gästen gegenüber gastfreundlich ist, und keine Gruppe zu groß ist, um ihnen ein Mahl zu bereiten. Rundreisende Musikgruppen oder Unterhaltungskünstler zum Beispiel, aber auch die Männer die die Feldarbeit machen, schauen bei ihr rein um sich von ihr speisen zu lassen. Auch während des Festivals bietet sie fremden Leuten ihre Gastfreundschaft an. Um sich dies alles leisten können, muss die wunkirle eine tüchtige Bäuerin sein, und auf die Mitarbeit ihrer Familie zählen können (Fischer u. Himmelheber 1990:33).

3.3 Wunkirle im Wettbewerb: wer ist die Gastfreundlichste im ganzen Land?

Während der Feste im Dorf wandert die wunkirle, gefolgt von Frauen aus der Nachbarschaft, mit dem Löffel durch das Dorf. Jede der Frauen trägt einen Topf mit gekochtem Reis oder Suppe. Die wunkirle verteilt das Essen entweder selbst unter den Gästen oder sie weist mit dem Löffel die Frauen an, dies zu tun. Während mancher Feste gibt es einen regelrechten Wettkampf zwischen mehreren wunkirlone eines Dorfes, wer am generösesten ist. Außer Reis und Suppe werden deshalb auch öfters Nüsse, Süßigkeiten und andere Leckereien verteilt, während die Frauen tanzen. Auch sie verteilen übrigens Geschenke, aber immer im Namen der wunkirle, der sie unterstehen. Manchmal zeigt sich der Status der wunkirle daran, dass ihre Nachbarinnen sie in einer Hängematte durch das Dorf tragen.
Weil nur die Gäste unparteiisch sind, entscheiden sie darüber, welche wunkirle die wohlhabendste und generöseste ist. Diese wird dann mit Liedern gefeiert (Fischer u. Himmelheber 1990:34-35).

3.4 Dü; die spirituelle Kraft der wa ke mia

Wenn eine alte wunkirle stirbt, wird aus diesem Anlass normalerweise ein Festival organisiert; einerseits um sie zu ehren, andererseits um eine Nachfolgerin zu inaugurieren. Die neue wunkirle muss jetzt beweisen, dass sie ihrem Amt würdig ist; die spirituelle Kraft ihres Löffels muss bekräfigt werden, indem sie den Dorfbewohnern und den auswärtigen Gästen eine beachtliche Menge Essen und Geschenke anbietet. Umgekehrt lässt die wunkirle sich auch von der Kraft des Löffels helfen. Diese Kraft, die als “dü” bezeichnet wird, ermöglicht es ihr, ihren Pflichten nachzukommen. Die wa ke mia stellen also einerseits die Verbindung ihrer Inhaberin mit der Geisterwelt da, sind aber andererseits auch das Symbol dieser Verbindung. Aus diesem Grund sagen die Dan, dass die wa ke mia für Frauen das Gleiche sind wie die Masken für Männer. Und wie die Masken erhalten die wa ke mia einen eigenen Namen wie zum Beispiel Piase („Feines Gesicht“) oder Mlanyor („Glückliche Frau“).
Die Löffel haben die Eigenschaft um, wie die Masken, im Traum mit ihrer Besitzerin zu sprechen. Letztendlich muss auch der Löffelgeist die wunkirle autorisieren, was letztendlich im Traum passiert. Umgekehrt muss, wenn ein alter wa ke mia von einem neuen ersetzt werden muss, auch die spirituelle Kraft des alten Löffels auf den neuen Löffel übertragen werden. Zu diesem Zweck finden dann gesonderte Opferzeremonien statt (Fischer u. Himmelheber 1990:36).

Die Tradition der Reislöffel der Dan, der wa ke mia, und seiner Inhaberin, der wunkirle, fügt sich auf verschiedene Weisen in das soziale und religiöse Leben der Dan ein:
Auf der religiösen Ebene erfüllt der zeremonielle Reislöffel die Funktion eines Mittlers zwischen der materiellen und der geistigen Welt. Gleichzeitig ist er auch selbst Manifestation eines Hilfsgeistes, der es einzelnen Mitgliedern der Dorfgesellschaft ermöglicht, eine bestimmte Rolle (hier die der wunkirle) zu spielen. Insofern zeigen diese Reislöffel eine gewisse Ähnlichkeit mit den Masken der Dan (Fischer u. Himmelheber 1990:36).
Auf der sozialen Ebene ermöglicht der Status einer wunkirle es den Frauen der Dan, ihren bäuerlichen Fleiß, Ruhm und Wohlstand zum Ausdruck zu bringen. Vielleicht garantiert die Institution der wunkirle den rundreisenden Männern auch, so die These des Bremer Löffelschnitzers Horst Wesemann, dass sie in fremden Dörfern immer Essen bekommen. Das wäre wichtig, weil durch die Wanderschaft dieser Männer, wie durch das Ausheiraten der Frauen in andere Dörfer, Inzucht vermieden wird.
Die Tradition des wa ke mia und der wunkirle integriert Frauen also auf sozialer und religiöser Ebene in die Gesellschaft der Dan, obwohl sie dennoch im Vergleich zu den Männern auf beiden Ebenen scheinbar eine eher untergeordnete Rolle spielen….

Eberhard Fischer und Hans Himmelheber: Löffel der Dan, in: Lorenz Homberger (Hrsg.): Löffel in der Kunst Afrikas, Musum Rietberg, Zürich 1990.

Ernst Winitzki: Afrikanische Löffel / African Spoons. Katalog zur Ausstellung Löffel in der Kunst Afrikas, Ausgabe des Museum Rietberg, Zürich 1990.

Eberhard Fischer: Künstler der Dan; Die Bildhauer Tame, Si, Tompiene und Sõn – ihr Wesen und ihr Werk -, in: K. Krieger und G. Koch (Hrsg.): Baessler-Archiv; Beiträge zur Völkerkunde, Neue Folge Band X (XXXV. Band), Verlag von Dietrich Reimer, Berlin 1963.

Hans Himmelheber: Negerkunst und Negerkünstler. Klinkhardt und Biermann Verlag, Braunschweig 1960

Eberhard Fischer: Der Wandel ökonomischer Rollen bei den westlichen Dan in Liberia. Franz Steiner Verlag, Wiesbaden 1967

Eberhard Fischer: Die Kunst der Dan. Ausgabe des Museum Rietberg, Zürich 1976.

Ulrike Himmelheber: Schwarze Schwester; von Mensch zu Mensch in Afrika. Carl Schünemann Verlag, Bremen 1957