Kategorien
Geschichten

Löffel und Justiz

Löffel und Justiz

Beim Psychiater

Kommt ein Mann zum befreundeten Psychiater: „Wie kommt man eigentlich in Deine Psychiatrie?“ Der Psychiater: „Wir füllen eine Badewanne und legen einen Löffel, eine Tasse und einen Eimer daneben. Dann sagen wir: Leere die Badewanne!“

Der Mann: „Ah verstehe. Ein normaler Mensch würde den Eimer nehmen.“

Der Psychiater: „Nein, ein Normaler würde den Stöpsel ziehen. Möchtest Du Dein Zimmer mit Balkon?“

Aus Max und Moritz hier: Die Witwe Bolte machte den Spitz für den Abgang der gebratenen Hühner verantwortlich:

Mit dem Löffel, groß und schwer, geht es über Spitzens her;
Laut ertönt sein Wehgeschrei, denn er fühlt sich schuldenfrei.

Martin Luther und sein Reiselöffel

Weil sich Martin Luther vor einem Giftanschlag fürchtete, nahm er auf Reisen immer seinen ausklappbaren, eigenen Silberlöffel mit. Der Löffel weist auf Stiel und Laffe folgende Inschrift auf:

 „Der Herr ist unsere Gerechtigkeit. Der Messias wird ausgerottet werden. Christus ist unser Heil. Gottes Wort ist unser Leben. Licht, Friede, Gesundheit und Heil. Das himmlische Brot schützt uns und überwindet die Hölle. Mit höchster Weisheit befreit er die Söhne Gottes. Ist Gott mit uns, wer könnte wider uns sein.“

In der Laffe befindet sich neben einer Kreuzigungsszene ein helles Plättchen Horn eingearbeitet -angeblich von der Elchklaue als Ersatz für Horn von einem Einhorn. Dieses Plättchen – so die damals weit verbreitete Vermutung- sollte sich bei Kontakt mit Gift verfärben. Damit sollte den besonderen Gefahren auf Reisen durch Vergiftung entgegengewirkt werden.

Die Löffelprobe

Ein archaisches Relikt aus den Zeiten des Chamurabi habe ich im Irak entdeckt: Die streitenden Parteien erscheinen vor dem Richter; es steht Aussage gegen Aussage, sodass der Richter allein daraus nicht die Richtigkeit der einen oder anderen Aussage beurteilen kann. Nun wird ein Metall-Löffel erhitzt und jede Partei muss den heißen Löffel mit der Zunge berühren. Derjenige, dessen Zunge anschließend Blasen aufweist – hat gelogen. Ein Gottesurteil! 

Eingeweihte wollten mir das Geheimnis damit erklären, dass der Lügner immer einen trockenen Mund hat. Nach meiner Einschätzung eine eher naive Einschätzung gerade von notorischen Lügnern!

Mit Löffel durch die Mauer

Bildzeitung vom 2. Oktober 2000:

9 Knackis weg! Infrarotkameras, Bewegungsmelder, elektronische Schließanlagen – moderne Technik soll in deutschen Gefängnissen für Sicherheit sorgen. Trotzdem gelang jetzt wieder neun Häftlingen die Flucht. Ganz simpel, mit einem Löffel … Die Justizvollzugsanstalt Wilhelmshaven gestern 4:30 Uhr früh. Aber zwei Gefangene hellwach: In ihrer Zelle kratzen Nelo F.(Rumäne, 23) und Munier R. (26, Jugoslawe) mit dem Löffel Putz und Mörtel aus der Mauer. Dann haben sie die Fugen weggeschabt: Wuchtig rammen sie ein Stuhlbein gegen die Mauersteine – fertig ist das Loch (30 x 30 cm) in den Gang. Der Rumäne zwängt sich durch. In der Wachstube überwältigt er einen Vollzugsbeamten, kettet ihn mit Handschellen an ein Bett. Nimmt ihm die Schlüssel ab und befreit seinen Komplizen. Dann holen sie noch sieben weitere Häftlinge aus ihren Zellen …

Ausbrecherin gefasst - Umsonst gelöffelt

18.03.2010
In den Niederlanden hat sich eine Gefängnisinsassin mit einem Löffel einen Fluchttunnel gegraben. Doch ihre Freiheit währte nicht lange.
  Wer heutzutage aus dem Gefängnis türmen will, muss sich etwas einfallen lassen – und Geduld haben, wie der Fall einer Ausbrecherin in den Niederlanden zeigt.  Mit einem Löffel hat sich eine 35-Jährige in monatelanger und mühseliger Kleinstarbeit einen Tunnel aus dem Gefängnis gegraben.
Die Flucht wurde möglich, weil die Frau nicht mehr in einer regulären Zelle, sondern in einem Sondergebäude untergebracht war. In dem Haus, direkt an der Gefängnismauer gelegen, werden Langzeitgefangene auf die Entlassung ins Zivilleben vorbereitet.
Die Niederländerin hatte noch knapp 22 Monate einer achtjährigen Gefängnisstrafe abzusitzen, als ihr die Flucht gelang: Die Frau buddelte vom Keller unter der Küche einen schmalen Tunnel zum Gehweg neben der Knastmauer. Einmal in Freiheit stellte sich die Ausbrecherin dann aber weniger geschickt an: Nur vier Wochen nach ihrem spektakulären „Löffel-Coup“ wurde sie von der Polizei gefasst – in einer Wohnung nur eine Stunde von der Haftanstalt entfernt.

Aus den Züricher Novellen: „Der Landvogt zu Greifensee“

Gottfried Keller

Der Landvogt saß einmal in der Woche zu Gericht:
Jetzt erschien ein ganz abgehärmtes Ehepaar, das den Frieden nicht finden konnte, ohne zu wissen warum. Die Quelle des Unglücks lag aber darin, dass Mann und Frau vom ersten Tage an nie miteinander ordentlich gesprochen und sich das Wort gegönnt hatten, und dieses kam wiederum daher, dass es beiden gleichmäßig an jeder äußeren Anmut fehlte, die einem Verweilen auf irgendeinem Versöhnungspunkte gerufen hätte. Der Mann, der ein Schneider war, besaß ein tiefes Gerechtigkeitsgefühl, wie er meinte, und grübelte während des Nähens unaufhörlich über dasselbe nach, während andere Schneider etwa ein Liedchen singen oder einen schnöden Spaß ausdenken; die Frau besorgte ausschließlich das kleine Ackergütchen und nahm sich bei der Arbeit vor, beim nächsten Auftritt nicht nachzugeben, und da sie beide fleißige Leute waren, so fanden sie fast nur während des Essens die zum Zanken nötige Zeit. Aber auch diese konnten sie nicht gehörig ausnutzen, weil sie gleich zu Beginn des Wortwechsels nebeneinander vorbeischossen mit ihren gespritzten Pfeilen und in unbekannte Sumpfgegenden gerieten, wo kein regelrechtes Gefecht mehr möglich war und das Wort in stummer Wut erstickte. Bei dieser Lebensweise schlug ihnen die Nahrung nicht gut an, und sie sahen aus wie Teuerung und Elend, obgleich sie, wie gesagt, nur an Liebenswürdigkeit ganz arm waren, freilich das ärmste Proletariat.

Gestern war der Zorn des Mannes auf das Äußerste gestiegen, so dass er aufsprang und vom Tische weglief. Weil aber das durchlöcherte Tischtuch an einem seiner Westenknöpfe hängenblieb, zog er dasselbe samt der Hafersuppe, der Krautschüssel und den Tellern mit und warf alles auf den Boden. Die Frau nahm dies für eine absichtliche Gewalttat und der Schneider ließ sie, plötzlich von Klugheit erleuchtet, bei diesem Glauben, um sein Ansehen zu stärken und seine Kraft zu zeigen. Die Frau aber wollte dergleichen nicht erdulden und verklagte ihn beim Landvogt.

Als dieser sie nun nacheinander abhörte und ihr trostloses Zänkeln, das gar keinen Kompass noch Steuerruder hatte, wahrnahm, erkannte er die Natur ihres Handelns und verurteilte das Paar zu vier Wochen Gefängnis und zum Gebrauch des Ehelöffels. Auf seinen Wink nahm der Weibel dieses Gerät von der Wand, wo es an einem eisernen Kettlein hing. Es war ein ganz sauber aus Lindenholz geschnitzter Doppellöffel mit zwei Kellen am selben Stiele, doch so beschaffen, dass die eine aufwärts, die andere abwärts gekehrt war.

„Seht,“ sagte der Landvogt, „dieser Löffel ist aus einem Lindenbaume gemacht, dem Baume der Liebe, des Friedens und der Gerechtigkeit. Denket beim Essen, wenn ihr einander den Löffel reicht (denn einen zweiten bekommt ihr nicht), an eine grüne Linde, die in Blüte steht und auf der die Vögel singen, über welche des Himmels Wolken ziehen und in deren Schatten die Liebenden sitzen, die Richter tagen und der Friede geschlossen wird!“

Das Männlein musste den Löffel tragen, die Frau folgte ihm mit der Schürze an den Augen, und so wandelte das bleiche, magere Pärchen trübselig an den Ort seiner Bestimmung, von wo es nach vier Wochen versöhnt und einig und sogar mit einem zarten Anflug von Wangenrot wieder hervorging.

Hier das Bild eines Ehelöffels von mir. Befreundete Ehepaare hatten zur Mahnung für die Zukunft einen derartigen Löffel mit der Geschichte von Gottfried Keller zur Hochzeit geschenkt bekommen.
Kategorien
Geschichten

Kulturgeschichte

Kulturgeschichte

Der Löffel, dass älteste Essgerät des Menschen, hat eine lange Geschichte.

Die Entwicklung eines Löffels wurde unter zwei Gesichtspunkten notwendig: Es mussten heiße Speisen hergestellt werden können – das heißt, der Mensch hatte Kontrolle über das Feuer und er musste in der Lage sein, ein Gefäß herzustellen.
 Den Gebrauch des Feuers kannte schon der Pekingmensch (500.000 Jahre vor Christus), das Wissen darum gelangte zwischen 200.000 und 100.000 Jahre vor Christus nach Europa.

Die ersten Töpferwaren dürften hier mindestens 7-6000 Jahre v. Christus entstanden sein. Nun konnte man Gefäße ins Feuer stellen, darüber hängen. Aus war es mit der totalen Rohkost, die Geburtsstunde der Suppe hatte geschlagen. Erste Zutaten: Wurzeln, Kräuter, Wildgetreide. Somit hat auch die Suppe eine lange Geschichte, von der Rumford-Suppe über Liebig`s Fleischextrakt bis hin zu Knorr und Maggi.

Nun wurden Essgeräte benötigt. Zunächst fanden Muscheln, Schneckenhäuser, konkav gewölbte Holzstückchen Verwendung. Die frühesten Zeugen von angefertigten Holzlöffeln fand man in den Pfahlbauten der Schweizer- und Österreichischen Seen aus dem Neolithikum (ca. 2.500 v.Chr.). Diese Löffel befinden sich im Rietbergmuseum in Zürich. Im Gespräch mit einer Archäologin im Rahmen eines workshops hier in meiner Werkstatt hatten wir auch über das Alter des Löffels spekuliert. Recherchen förderten dann tatsächlich Fragmente von Holzlöffeln von vor 17.000 Jahren zu Tage.

Dass der frühe Esslöffel aus Holz war, sagt uns das englische Wort „spoon“. Das deutsche Wort Löffel mag seinen Ursprung wohl im Lateinischen haben, dort heißt Muschel, Schnecke, Schneckenhaus: „cochlea“. Die zweite Silbe „lea“ dürfte durch germanische Sprachen verschiedene Umbildungen erfahren haben, dort taucht das Wort lap auf für trinken, schlürfen, aber auch Lippe; im Althochdeutschen kennt man das Wort „lepil“ und im 15. Jahrhundert wird aus dem gotischen „leffil“ unser heutiges Wort Löffel.

Die Urform des Löffels ist die hohle Hand. Daraus wurde in den Artefakten später die Laffe rund, bauchig, kugelig. Der Stiel war kurz und wurde von der ganzen Hand umschlossen. Auf dem Gemälde „Die Suppenmadonna“ von Gerard David  haben Mutter und Kind solche Löffel in den Händen.

Die tägliche Kost der einfachen Leute bestand aus Breien, Mus und Suppen. Man ernährte sich von Getreide und Gemüse. Fleisch war dem Adel vorbehalten, er hatte das alleinige Jagd- und Fischrecht. In waldreichen Gegenden gab es die sog. Suppentische. In die Holzbohlen der Tische waren Vertiefungen eingearbeitet, aus denen man die Suppe löffelte. Kleine Holzschüsseln fanden auch Verwendung. Die bauchige Löffelform und der kurze Stiel haben sich bis ins späte Mittelalter erhalten. Dann änderte sich die Form der Laffe, sie wurde oval.

Um 1400 tauchte eine Neuerung aus den Niederlanden auf, der Teller. Aus ihm konnte man wohl schlecht mit einem kugelig geformten Löffel essen. Auch die Stiele wurden länger. Man nimmt an, dass die Kleidermode mit den Halskrausen und Mühlsteinkragen ein Grund dafür war. Auch die kleinen Leute brauchten Löffel mit längeren Stielen. Sie konnten sich lange keine Teller leisten, man aß gemeinsam aus einer großen Schüssel, eine Gepflogenheit, die sich in ländlichen Bereichen in Friesland, Franken und bayrischen Wald bis etwa 1935 gehalten hat.

 

Den Holzlöffel schnitzte man sich eigentlich selbst. In ländlichen Regionen war es eine alte Tradition: Hinter dem Esstisch befand sich das Löffelbrett oder eine Haltevorrichtung an der Wand, in dem jeder seinen Löffel aufbewahrte. Zum gemeinsamen Essen entnahm jeder den entsprechenden ihm gehörenden Löffel. Es gab nur so viele, wie die Zahl derer, die ständig zu Tisch saßen. Diese Löffel wurden vom Hausherrn während der Wintermonate geschnitzt und blieben sein Eigentum. Deshalb musste der Knecht seinen Löffel abgeben, wenn er den Hof verließ. Und wenn die Tochter des Hauses heiratete und einen eigenen Hausstand gründete, entnahm sie ihren Löffel, zerbrach diesen und warf ihn aus dem Fenster.

Selbst in Wirtshäusern und Herbergen standen wenige Löffel zur Verfügung. Diese Leihlöffel waren mit Ketten am Tisch befestigt. Die adeligen Herrschaften brachten zu den Gastmählern ihr eigenes Besteck mit. Das schütze vor Giftanschlägen. Das Besteck -zum Messer hatte sich der Löffel gesellt, später auch die Gabel- trug man in einem Köcher am Gürtel befestigt. Alle drei Teile waren reichlich verziert, man wollte mit seinem Besteck auffallen, wollte bewundert werden. Da gab es kunstvolle Schnitzereien: Monogramm, Wappen, Ornamente, auf die Stiele aufgesetzte Silberhülsen, oft mit Figuren, griechische, römische Gottheiten, Heiligenfiguren, manchmal auch Erotika; auch Koralle, Elfenbein, Perlmutt und Bernstein zeigten Reichtum und Kunstsinn an. Überhaupt setzten sich am Ende des 15. Jahrhunderts verfeinerte Tischsitten durch. Auslöser waren Anstandsbücher, „Tischzuchten“  betitelt. Auch der Humanist Erasmus von Rotterdam verfasste eine derartige Schrift. Danach war es unfein, den Löffel mit der Faust zu fassen, man hielt ihn mit drei Fingern; anstößig war, sich durch die Haare zu fahren, sich irgendwo am Körper zu kratzen; man hatte sich nicht von einem anderen Tischgast das Messer zu leihen oder die Schüssel so zu drehen, dass man die besten, fettesten Bissen bekam und ganz arg war es, sich den Mund am Tischlaken abzuwischen, bestand doch eine gedankliche Verbindung zu dem Tuch, das über den Tisch des Herrn, den Altar, gebreitet wird.

Die besser gestellten Bürgerfamilien, erstrebten neben ihren alltäglichen Holzlöffeln den Besitz von wenigstens einem Silberlöffel, wie er in Adelskreisen, bei den Kirchenfürsten, am Hofe Eingang gefunden hatte. Zeugte dieser doch von Vornehmheit, Lebensart und Stil; fast fühlte man sich dem Adel gleichgestellt. Wehe, wenn solch ein Repräsentationsstück verschwand! Selbst ein so berühmter Musiker und Komponist wie Rossini war sich nicht zu schade, ein Libretto, das von einem gestohlenen Löffel handelt, zu einer Oper zu gestalten. Gerade noch rechtzeitig, als man den vermeintlichen Dieb einer Strafe zuführen will, entdeckt man die diebische Elster mit dem Löffel im Baum. Um einen Diebstahl zu erschweren oder wenisgtens den Täter später besser überführen zu können, wurden Monogramme auf dem Stiel eingearbeitet, die Auskunft über den eigentlichen Besitzer gaben.

 Auch im Bewußtsein der Menschen spielte der Löffel eine herausragende Rolle: Nicht nur Sprichwörter und Redensarten wie z.B. der hat die Weisheit mit Löffeln gefressen, der mit einem silbernen Löffel im Mund geboren wurde, der wurde über den Löffel balbiert, auch Paten- und Hochzeitslöffel deuten darauf hin. Als liturgisches Gerät findet er Verwendung als Hostienlöffel. Man denke auch an das Löffelopfer, das man der Heiligen Apollonia bei Zahn- und Munderkrankungen bringt.

Die Menschen in der Stadt hatten kaum mehr Gelegenheit, sich ihre Löffel selbst zu machen. So lag es in der Zeit, dass sich Manufakturen bildeten, die Löffel herzustellen. Die erste soll von drei löffelschnitzenden Hirten aus Hayna in Thüringen um 1685/90 gegründet worden sein. Es gab auch eine Zunft der Löffelschnitzer. Ein kärglicher Broterwerb: An einem 12 Stunden-Tag entstanden in der Regel 6 Löffel, was einem Tagesverdienst von 2.00 – 2,50 DM entsprach. Händler brachten die Löffel nebst Besen und Bürsten unter die Leute. Bis ins 18. Jahrhundert blieb das einfache Volk beim hölzernen Esslöffel.

Die anliegenden Fotografien von 1896 zeigen Löffelmacher:innen in den Dörfern des Gouvernements Nischhniy-Novgorod, Russland. Dies war das Hauptproduktionszentrum von hölzernen Löffeln in Russland während des 19.-20. Jahrhunderts. Dort entstand auch die dekorative Technik, der ofengehärteten Malerei in Rot, Schwarz und Gold. Viele Löffel wurden damit verziert. Die Löffelschnitzer:innen waren oft Mitglieder der gleichen Familie. Überwiegend wurden die Löffel aus dem Holz der Birke gefertigt.

1710 erfanden zwei Arbeiter aus Bayersfeld im Erzgebirge den Blechlöffel. Aus Schwarzblech ausgeschnitten, mit dem Hammer getrieben. Die Uhrenträger aus dem Schwarzwald brachten 1735 bei ihrer Rückkehr in die Heimat handgeschmiedete Löffel mit angenietetem Stiel mit. Auch diese waren im Erzgebirge gefertigt worden.
Daraus entstanden Löffelschmieden. Hammerwerke mit Wasserkraft betrieben in Schonach, Calw, Lenzkirch, Hinterzarten, die teilweise noch bis 1880 in Betrieb waren. Die Löffelpresse wurde in Schweden entwickelt. Die maschinell erzeugten Löffel fanden schnell Verbreitung in der Bevölkerung. Der Holzlöffel wurde verdrängt, fristet sein Dasein als Koch- oder Rührlöffel, erobert sich aber wieder einen Markt von und für Individualisten.

Ursprünglicher Text von Ruth Kampffmeyer, von mir ergänzt.

Kategorien
Geschichten

Corona Löffel

Corona Löffel

Die Corona Löffel oder Das Zepter des Häuptlings

Meine Nachbarin Sandra brachte mir die Leisten eines alten Lattenrosts zu mir, das Holz könne ich ja im Kamin verbrennen. Eine nähere Augenscheinseinnahme ergab dann, dass es sich um ganz verschiedene Hölzer handelte: Eiche, Buche, Kirsche, Pitchpine, Lärche und Fichte. Das konnte ich nicht übers Herz bringen, diese Hölzer zu verheizen. Was tun? Natürlich Löffel unter Erhalt eines langen Stiels, was in Coronazeiten mit Abstand eine gute Idee schien.

Wie schreibt Bertholt Brecht in der Mutter Courage: Wer mit dem Teufel frühstücken will, muss einen langen Löffel haben. In Anlehnung an William Shakespeare: Der braucht einen langen Löffel, der mit dem Teufel isst.

Als ich im Hof diese Leisten begann zu Löffeln zu verarbeiten, fragten die ersten Kinder schon, was ich da mache? Von Corona wollte ich nicht sprechen! Also:

„Mein Freund Häuptling Nimmersatt von den Suppenindianern hat mich gebeten ihm einen langen Löffel zu schnitzen. Das sollte sein Zepter sein, damit alle Bescheid wissen, dass er der Chef ist.“
Die Kinder staunten darüber, wen ich alles kennen würde. Nun denn! Mit ein paar Federn und bunten Perlen geschmückt entstanden so diese Löffel.

Kategorien
Geschichten

Vegesacker Heringslöffel

Der Vegesacker Heringslöffel

Der Vegesacker Löffel der Heringsfischer

Der Vegesacker Heringslöffel entstand im Zusammenhang mit den Feierlichkeiten zum 400 Jahrestag des Hafens. Die Sounbdwand an der Tiefer wurde von ca. 400 Jahren gebaut und entsprach demit dem Alter des Vegesacker Hafens.Bei dem Heringslöffel handelt sich um den Nachbau eines angeblich historischen Löffels, der bei den Ausfahrten an Bord war.  Dieser Nachbau wurde angefertigt aus dem Eichenholz einer ersten Verstärkung der  Uferbefestigung an der Tiefer in Bremen, die in der Zeit um 1838 gebaut wurde. Der von mir angefertigte Heringslöffel wurde anläßlich des Havengeburtstages an den Bürgermeister übergeben. Vier kleine Löffel aus eben diesem Holz auf lackierten Tischlerplatten wurden der Vertreterin der Danziger Stadtverordnetenversammlung übergeben.

Zur Frage des Alters des nachgebauten „Heringslöffels“

Wikipedia

Im Mittelalter lag die Straße Tiefer noch nicht direkt an der Weser. Zwischen der Straße und der Weser befanden sich die Packhäuser. Nördlich von der Tiefer floss noch ein Nebenarm der Weser, die Balge. Die zwischen Balge und Weser liegende Insel – die Balgeinsel – entsprach dabei weitestgehend dem späteren Martini- und Tieferviertel. Mit dem Ausbau der Schlachtehäfen veränderte sich auch das Bild im Weserbereich vor der Tiefer. 1564 ist dieser Ausbau auf der alten Stadtansicht von 1550/1564 von Hans Weigel noch nicht erkennbar:

Franz Hogenberg deutet in seinem Kupferstich Brema von 1588/89 eine gewisse Begradigung an. An der Weser stehen Giebelhäuser, und im östlich Bereich steht ein Teilstück der Bremer Stadtmauer. Der Stadtplan Brema von 1640 von Matthäus Merian zeigt schon, dass vor den Giebelhäusern kleine Lastkähne angelegt haben und eine Kajenkante existieren muss.

So sind auch in der Stadtansicht von Jürgen Landwehr von 1602 (andere Quellen 1617), die in der Güldenkammer im Bremer Rathaus hängt und in der Ansicht von Johann Landwehr (1661) diese Veränderungen an der Weser deutlich erkennbar.

Weser-Kurier vom 10.03.2021

Mit 25 Ankern und mehr als 100 Stahlbetonpfählen wird die Wand am Rücken der Tiefer-Arkaden stabilisiert. Das Bauwerk aus dem 16. Jahrhundert sackt allmählich ab. (….) Die Arkaden stammen aus dem Jahr 1913 (…). Aber vor allem geht es um alten Bestandteil des Gesamtbauwerks, der jetzt Sorgen bereitet, und das ist die Hochwasserschutzwand aus dem 16. Jahrhundert. Deren Pfahlgründung hat sich im Laufe der langen Zeit vollständig zersetzt. Die Wand sinkt in der Folge ganz allmählich ab.

Weser-Kurier vom 20.04.2021

Die Sanierung der maroden Tiefer-Arkaden rückt allmählich näher: Die Hochwasserschutzwand, die die Rückseite des Gewölbegangs bildet, soll instandgesetzt werden. Diese Wand war früher die Ufermauer. Schwere Eisenringe, an denen Schiffe mit Tauen festgemacht wurden, zeugen noch heute davon. Die Mauer stammt aus dem 16. Jahrhundert und wurde auf Holzpfählen gegründet, die eine so lange Zeit nicht überdauern konnten.

Eigene Befunde

Nach Rücksprache mit dem Landesarchäologen konnte uns der Polier der dortigen Arbeitsgruppe einige Eichenbohlen dieser alten Spundwand zur Verfügung stellen. Zwei dieser Bohlen habe ich zu Vegesacker Heringslöffeln verarbeitet. Das Holz war teilweise stark vermodert. Ein Zustand, der von dem Holz im Moor abgelegter Eichenhölzer bekannt ist. Eine Bearbeitung war gut möglich, da das Holz nach Trocknung äußerst stabil war. Die Löffel wurden mit der Kettensäge zugeschnitten, streckenweise mit einem Elektrohobel grob bearbeitet und dann mit traditionellen Holzwerkzeugen manuell in Form gebracht. Kinder halfen sodann bei der äußeren Gestaltung des Löffels

Das Narrativ über den Vegesacker Heringslöffel

Der Legende nach wurde dieser Löffel von den Vegesacker Heringsfängern auf ihren Schiffen als Talisman mit an Bord geführt. Die Form des Löffels konnte sich dabei von Schiff zu Schiff unterscheiden. Der hier nachgebaute Löffel ähnelt mit an seiner Spitze weit aufgerissenen Augen an die Form eines Fisches. Derartige Löffel wurden gerne auch hinter den Schiffen hergezogen, um so Heringsschwärme anzulocken. Damals verfügten die Fischer noch nicht über Sonargeräte, die ihnen den nahen Heringsschwarm anzeigen konnten. Hier waren die Fischer auf ihre eigenen Erfahrungen und Glücksbringer angewiesen.

Bei der Ausfahrt der Schiffe aus dem Hafen stand ein Mann der Besatzung vorne am Bug des Schiffes und richtete so einen überdimensional großen Holzlöffel weserabwärts Richtung See. Dies symbolisierte den Wunsch nach einem erfolgreichen Heringsfang und anschließend bei der Rückkehr einem mit Fischen angefüllten Schiff. Am „Utkiek“, an der Mündung des Vegesacker Hafens in die Weser, standen die Frauen und Familien der Fischer und riefen den Fischern ihre guten Wünsche für einen reichlichen Fang und vor allem eine gute und gesunde Heimkehr zu.

Der Holzlöffel hatte an Bord der Schiffe während der ganzen Fangreise einen privilegierten Platz am Fockmast des Schiffes. Jeder der Seeleute musste diesen mit dem linken Zeigefinger berühren, wenn er an ihm vorbeilief, gleichgültig, wie oft das am Tag geschah. Das berichtet in seinen Erinnerungen der Heringsloggerkapitän Frido Brockenburg (1861-1934), die man kürzlich auf einem Dachboden in einem der Kapitänshäuser am Wilmannsberg in der Vegesacker Innenstadt gefunden hat.

Die Fischer galten als aus tiefstem Herzen abergläubisch und so gründete sich diese Zeremonie mit dem Holzlöffel bei der Ausfahrt und während der Fangfahrten auch auf einem solchem Mythos. Der Löffel galt als Glücksbringer. Löffel haben auch heute noch für viele Menschen eine besondere, oft sogar mythische Bedeutung. So wird berichtet, dass den Löffelträgern hilfreiche Geister zur Seite stehen, die ihrem Glauben nach in diesen Löffeln innewohnen.

Zudem gilt der Löffel als Symbol für den Wunsch nach immer ausreichend gefüllten Tellern und Erträgen vom Feld, aber eben auch von der Jagd und dem Fischfang, auf dass die Familien immer genug zu essen haben. So steht ein voller Löffel für Wohlstand und einen satten Magen.
Und schließlich kann der Löffel auch als Symbol des Friedens interpretiert werden: Wer mit einem Löffel isst, muss dazu jegliche Bewaffnung aus der Hand legen und alle seine Kampfhandlungen einstellen.

Der Löffel- ein Multitalent.

Ernst Matzke, Bremen
Ernst Matzke, Bremen
Christoph Sprute, Bremen
Tim Lennecke, Hamburg
Tim Lennecke, Hamburg
Tim Lennecke, Hamburg

Bürgermeister Bovenschulte besucht Vegesack anlässlich des Hafengeburtstags und erhält den Heringslöffel von Horst Wesemann